Mandy und Chantal beim Schreib-Wettbewerb
Gestern klingelte mein Handy. Das Chantal war dran: »Hey, Mandy. Ich muss dir was ganz Abgefahrenes erzählen. Ach, am besten komm ich mal vorbei, wenn ich im Nagelstudio fertig bin.«
Na, das war richtig spannend.
Chantal ist ne ganz Schicke, müsst ihr wissen. Die trägt mit Vorliebe Overknees aus weißem Leder und dazu Hotpants. Vor einem Jahr hat sie sich die Brüste machen lassen, aber das darf ich nicht so laut sagen, weil ihr Mann von dem Kredit keine Ahnung hat.
Kam das Chantal also mit den Stiefeln in meine Hütte gestöckelt (für die hab ich mir extra Laminat legen lassen), warf sich auf einen von meinen Küchenstühlen und guckte mich unter ihren angeklebten Wimpern an. Die machen die Augenlider so schwer, dass sie die Augen nicht mehr richtig aufkriegt. Aber die findet das sexy.
»Mandy, du hast mich letztens auf ne GANZ tolle Idee gebracht. Ich schreib jetzt auch! Weißte, so kann ich die Titten abbezahlen. Herbert bringt mich sonst um, wenn der das mitbekommt.«
Das war ja mal wohl der Hammer!
Ehrlich gesagt, hatte ich immer gedacht, dass Chantal nicht richtig lesen und schreiben konnte, denn die hatte mir mal eine Postkarte aus Malle geschickt. Ich hab sie heute noch am Spiegel im Flur. Da ist so ein Esel mit Strohhut drauf: »Libe Mandy. Das is vieleischt heiss hia. gruss Chantal.«
Na okay, ich bin ja ne gute Freundin. Und bei Amazon fliegt so viel Schrott durch die Gegend. Kam ja nicht mehr drauf an. Aber das hab ich natürlich nicht gesagt. Sonst hätte die mir noch die Ohren vollgeheult.
»Und? Was schreibst’e? Haste schon was fertig?«
»Nee, ich brauch da wohl deine Unterstützung.« Sie schüttelte so stark Kopf, dass ich die ganzen silbernen Clips von ihren Extensions sehen konnte. »Ich hab da was gehört, und wollte dich fragen, ob du mitmachst.«
Scheiße, was kam denn jetzt?
»Worum geht’s?«
»Da gibt’s was, das neue Schriftsteller dazu bringen soll, anzufangen zu schreiben. So als Motivation und so. Das heißt S.d.A.a.b.d.e.s.u.g.d.K.v.J.B.«
»Hä? Sdabdesugdkvjb? Was soll das denn heißen?«
Chantal verdrehte die Augen ob meiner Blödheit. »Ist doch ganz klar: Schubs den Autor an bis der endlich schreibt und gewinne den Kuli von Justin Bieber.«
»Kapier ich nicht.«
»Es geht darum, dass man da einen roten Kugelschreiber gewinnen kann. Und zwar einen, der Justin Bieber letztens auf dem Klo im Hilton aus der Arschtasche gefallen ist. Das soll Glück beim Schreiben bringen.«
»Boah, abgefahren! Und daran glaubst du?«
»Klar. Will ja ne erfolgreiche Schriftstellerin werden und ganz viel Kohle machen.«
Das war einzusehen.
»Na gut. Was muss man da tun?«
»Wir müssen 50000 Wörter in einem Monat schreiben.«
»Wow! Echt?«
Darüber musste ich nachdenken. Den Kugelschreiber wollte ich haben. Das war klar. Chantal konnte auch MIT dem Kuli kein Buch zustande bringen. Aber ich würde sie erst mal in dem Glauben lassen.
Ich hatte ja ein heimliches Problem: Nach fünfunddreißig schwulen Büchern hatte ich mein "männliches Pulver" verschossen. Was hatte ich nicht alles für Sex in meinen Stories: Blowjobs und GangBangs und den wildesten Verkehr von vorne und hinten und sogar mal auf dem Pferd, mitten im Galopp. Ich war reif für einen Motivationsschub. Wie sagte meine Facebook-Freundin Mary (die ich übrigens inzwischen zur Lektorin befördert hatte) immer? »Hat dich deine Muse verlassen, Süße?«
Joah, der Sex mit meinem Alten war nicht mehr das, was er mal war und auch durch die schwulen Rammelvideos bei Tumblr erschien die Muse nicht wieder neben meinem Lappi. Jetzt musste was anderes her. Und das 50000 Mal.
Chantal saugte an ihrer Kippe und sah mich prüfend an. Es war klar, dass von mir als gestandener Autorin nun ne Idee kommen musste.
Ich sah mich schnell in meiner Küche um: Küchenkalender mit einer Werbung für Hustensaft. Ungeeignet. Der Küchenherd mit den dreckigen Töpfen. Auch nicht. Neben dem Herd mein uralter Staubsauger und ein Besen mit einem Büschel Katzenhaare unten dran. Ein Besen? Hexen? Zauberer? Harry Potter! Verdammt, den gab’s ja schon.
»Chantal, ich hab’s! Ich schreib was über einen Kerl, der Perry Schotter heißt und ein totaler Playboy und Vorwerk Vertreter ist.«
»Echt? Und ich?«
Verdammt, jetzt musste ich mir für das Chantal auch noch was ausdenken.
»Du bist die geile Hausfrau, die sich immer Staubsaugervertreter ins Haus bestellt, die dann durchnimmt und hinterher umbringt.«
Aufgeregt drückte Chantal ihre Kippe in meinem Jägermeister-Ascher aus. Pattpattpatt.
»Du bist die Beste, Mandy! Ich werd Krimi-Autorin.«
Gebongt. So war sie keine Konkurrenz in meiner schwulen Amazon-Kategorie.
»Das wird aber ganz schön in Arbeit ausarten, Chantal. Der reinste Hochleistungssport.«
Chantal schob nachdenklich die Unterlippe vor. Das macht sie immer, wenn was schwierig wird: »Ich würde vorschlagen, wir kaufen uns erst mal diese atmungsaktiven Sport-Klamotten. Die sind doch morgen bei Lidl im Angebot. Außerdem brauch ich ein paar Sportschuhe, am besten rosa. Hast du noch das rosafarbene Stirnband? Ich sollte ein Sixpack Fitness-Drinks kaufen. Gehirnnahrung und so. Und dann gibt’s diese Klammern, die man mit der Hand drücken kann, um die Handmuskeln zu stärken. Wir müssen uns auch diese Blütentraum Duftkerzen besorgen und was ordentliche Musik wäre nicht übel. Du weißt schon, für die "Transpiration". Wie wär’s mit Bushido?...«
Chantal hatte Recht. S.d.A.a.b.d.e.s.u.g.d.K.v.J.B. bedurfte einiger Vorbereitung. Sonst würde das nie was mit Perry Schotter und dem roten Gewinner-Kuli.
Eure Mandy
PS: Meine Bücher "Machs mir, du Hengst" Teil 1-6 und "Warum liegt hier Stroh in der Ecke?" Teil 1 und 15 und "Mann ist nur ein Mal Gay" Band 9 gibt es dann irgendwann im Handel.
(und natürlich auch das erste Buch von Chantal, das Platz 231 belegt hat beim S.d.A.a.b.d.e.s.u.g.d.K.v.J.B. "Der Vertreter mit dem Rohr" Krimi von Charline Blasius)
Cover-Vorschau folgt :)
2 Kommentare:
Krieg´mich nimmer ein...so toll geschrieben dieser Beitrag...und so wirklichkeitsnah´...einfach klasse.
Spitze machst du bitte eine anthologie aus den Erlebnissen von Chantal und Mandy. Du bist auch humoristisch echt klasse
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