Alltagstaugliche Tipps und Bücher, Bücher, Bücher

Alltagstaugliche Tipps und Bücher, Bücher, Bücher

Mittwoch, 2. April 2014

Der verschwundene Autor - im Meer des Self-Publishing

Arts by Sialyxz


Letztens war bei Facebook von einer US-Autorin die Rede.
Ein Verlag bot dieser Dame einen monströsen Betrag, wenn sie zukünftig ihre Bücher über ihn erscheinen ließe. Sie hat dankend abgelehnt.
Wow!, werden jetzt viele deutsche Autoren sagen. Ich suche seit ewigen Zeiten einen guten Verlag. Wie kann das sein?

Die Dame hat Self-Publishing als das erkannt, was es ist: Eine Möglichkeit richtig viel Geld zu verdienen. Und sie hat die Regeln dieses Marktes erkannt. Eine der wichtigsten Regeln ist es, ununterbrochen gegen die Flut der Neuerscheinungen anzukämpfen, was heißt, dass man am besten ständig Bücher herausbringt.

Die Dame, die übrigens im Liebesroman-Genre schreibt, nahm sich klugerweise zwei Assistentinnen. Mit ihnen produziert sie Bücher am laufenden Band. Pro Buch 20000 Worte. Die Werke erscheinen alle 2,5 Wochen, also zirka 20 Bücher pro Jahr. Auf diese Art bleibt sie immer im Gespräch und hat min. ein Buch in der Top 100. Jede Neuerscheinung zieht wieder Griffe auf ihre bereits vorhandenen Bücher nach sich.

Ich zähle Liebesromane, Krimis & Co jetzt mal zur Unterhaltungsbranche. Der Hunger der Masse ist groß. Sie braucht neues Futter. Und sie stürzt sich zunächst kritiklos auf alles, was Unterhaltung verspricht. Ich sage bewusst "zunächst", denn letztendlich setzen sich nur die guten Stories, die professionell umgesetzt sind, dauerhaft durch. Aber auch sie verschwinden, beiseite gedrückt von der neuen Flut, können sie sich nur noch knapp im Mittelfeld halten. 


Die Erfahrung zeigt: Der Autor schreibt, verbessert sich, gewinnt eine Fanbase. Zu dieser hält er zwischen seinen Neuveröffentlichungen mit Gewinnspielen, Werbemaßnahmen, via Mailinglisten und sonstigen Strategien Kontakt. Sein Buch ist fertig. Er kündigt es an und man reißt es ihm aus den Händen. Das Buch spielt, wenn alles gut geht, seine Kosten ein - vielleicht auch mehr. Der Autor freut sich. Und sieht danach hilflos zu wie sein Buch tiefer geschoben wird. 
Verzweifelt versucht er die Kategorie zu wechseln, Preisaktionen werden gemacht, in Leserunden Bücher verschenkt, aber die Regel des Marktes besagt, dass neu nachgeschoben wird und bereits Gelesenes verdrängt.

Ich sehe inzwischen die Tendenz der verzweifelten Autoren, die nicht mehr nur Bücher verschenken, sondern auch teure Reader. Es ist nur noch ein kleiner Sprung, bis Reisen und andere hochwertige Dinge die Fans bei der Stange halten sollen. Das, was der Autor bei seiner Neuveröffentlichung verdient hat, geht durch diese Werbemaßnahmen drauf. Was solls, sagt er sich, ich baue an meinem Namen und an meinem Image. Das ist ein Ding, das auf Jahre ausgelegt wird. Aber ist das wirklich so?


Ich kann keine Lösung für dieses Problem bieten, außer dem Rat möglichst viele gute Bücher zu schreiben, so wie Hohlbein und Co es uns vormachen. Aber irgendwann stellt sich die Frage: Lohnt sich all die Arbeit wirklich? Strample ich nicht mit meinem winzigen Paddelboot Zeit und Geld verschwendend in einem unendlichen Meer?


Vielleicht sollten wir wieder zum Ursprung zurückzukehren, um trotz all dem unsere Zufriedenheit zu bewahren. Was war am Anfang? Wir schrieben, weil wir eine Geschichte im Kopf hatten, die wir loswerden wollten. Weil sie uns gefiel. Weil wir in ihr eigene Dinge verarbeiten konnten. Ursprünglich schrieb ein jeder wohl erst einmal für sich selbst. 


Das sollten wir uns ins Bewusstsein rufen. Wir schreiben, weil es uns Freude macht. Der Markt wird immer so bleiben, ob wir stündlich auf die Charts starren oder nicht. Damit vertändeln wir nur wertvolle Schreibzeit.


Genug geredet, lasst uns weiter Geschichten erzählen.


Eure Pat




6 Kommentare:

Jan-Tobias Kitzel hat gesagt…

Sehr schöner Artikel und insbesondere das Fazit stimmt: Wir sollten schreiben, weil wir schreiben wollen. Wenn es dann noch von vielen gelesen wird: Toll. Wenn nicht, dann haben wir wenigstens geschrieben.

Elsa Rieger hat gesagt…

Sehr schöner Artikel, Pat. Und ich würde mich lieber ins Knie schießen, als wie geisteskrank ständig neue Bücher auf den Markt zu zu werfen. Meine Bücher werden eh kaum gekauft, egal. Ich schreibe Geschichten, weil das Teil meines Lebens geworden ist. Wenn mich jemand lese will, freu ich mich, wenn nicht, ist es auch okay.

LG
Elsa

Josefa vom Jaaga hat gesagt…

Ich bin immer sehr froh, wenn auch Leute, die gut verkaufen, am Ende zum selben Fazit kommen wie ich, die nichts verkauft.

Der Markt war schon überhitzt, bevor dank Amazon die große Self Publisher-Welle ihn überschwemmt hat. Zu viel Text, zu wenig Leser. Und, meinem Gefühl nach, die Ansprüche sinken immer weiter. Alle vierzehn Tage ein Buch? Mit einem Umfang von 20.000 Wörtern? Man kann sich vorstellen, mit wieviel Herzblut und Sorgfalt die Autorin das verfasst hat.

Was mich, als Hobby-Autor, von den Profis der Verlage unterscheidet, ist doch gerade, dass ich schreiben kann, was ich WILL. Ohne Rücksicht auf Marktanalysen und Absatzzahlen.

Unknown hat gesagt…

Du hast recht. Ich habe früher auch nur für mich geschrieben, das macht am meisten Freude, bringt aber in der Regel das wenigste ein. Heute, wo es ebooks gibt, richte ich mich mehr nach dem, was Leser wollen, aber nur in meinen Grenzen. Man muss möglichst viel schreiben, um auf dem ebook-Markt im Gespräch zu bleiben. Für umfangreiche Werbemaßnahmen bin ich nicht der Typ. Ich versuche, beides unter einen Hut zu bringen: 5-6 Bücher im Jahr plus immer noch viel Freude am Schreiben.

Annika Bühnemann hat gesagt…

Liebe Pat, danke für diesen Artikel! Er zielt auf einen von zwei Gedanken ab, die mir seit Wochen im Kopf kreisen (der andere hat das Stichwort "Preis eines eBooks", worüber man ebenso viel schreiben könnte). Der Lebenszyklus eines Buches ist rapide gekürzt worden - was früher ein Jahr lang Bestand hatte, wird heute teilweise schon zwei, drei Monaten völlig verdrängt. Ich denke, es gibt genau diese beiden Möglichkeiten: Mitschwimmen und richtig viel veröffentlichen (vor allem wenn man Geld verdienen will) oder sich neben den Fluss stellen und dann und wann ein Buch hineinwerfen, wenn es gereift ist - mit dem tollen Gefühl, eine eigene Welt erschaffen zu haben, das einem das Schreiben gibt.

Colette Picard hat gesagt…

Danke liebe Pat für den guten Artikel, auch wenn ich erst heute darauf aufmerksam wurde. Dennoch ist er hochaktuell.

Eigentlich sollten wir Autoren uns treu bleiben und aus Freude und innerer Überzeugung schreiben. Mit sich selbst treu bleiben meine ich, nicht irgendeinem Trend hinterherzulaufen, sondern Pioniere zu sein. Der Markt ist einfach übersättigt. Meine Erfahrung ist, dass sich Leser gerade über meine, vorher auf dem deutschen Markt noch nicht dagewesenen Themen freuen, auch wenn sie vielleicht eine Nische abdecken. Und das bestätigt mich darin, zu schreiben, was mir liegt, wozu ich Zugang habe, wo mein Herz dabei ist und authentisch zu bleiben.

Nichts ist unprofessioneller als die Horde an Self-Publishing Autoren, die alle paar Wochen ein E-Book raushauen. In diversen Foren werde ich mit Leseproben der am Fließband produzierten Liebesschnulzen, etc. konfontiert und Grammatik und Inhalt lassen sehr zu wünschen übrig.
Also, ein gutes Buch braucht Zeit und mehr als zwei Augen, die es gegenlesen - und nicht unbedingt die beste Freundin als Testleserin.

Als Autor muss man nicht zwangsläufig nur übers Schreiben und Eigenwerbung im Gespräch bleiben, es gibt noch andere Möglichkeiten. Das nächste Buch schreibt sich von selbst, wenn der richtige Zeitpunkt und die richtige Idee gekommen sind.

Liebe Grüße
Ira