Solutosan erwachte früh und bewegte irritiert die Finger der
linken Hand. Die Buchwächter wanden sich unruhig um seinen Mittel- und
Ringfinger. Was hatte er geträumt? Irgendetwas musste die schwarzen, zierlichen
Wesen aufgeschreckt haben, denn normalerweise verharrten sie wie erstarrt.
Verschlafen
reckte er die Glieder und sah in das blaue Dämmerlicht des Zimmers. Der
Energie-Kamin brannte noch vom Abend zuvor auf kleiner Flamme. Er erinnerte
sich verschwommen daran, von einer Reise geträumt zu haben und überlegte
angestrengt, um weitere Details zu erhaschen. Diese verschwanden jedoch
schemenhaft wie graue Geister aus seinem Bewusstsein.
War
er wieder eingeschlafen? Das fahle Licht der duonalischen Sonne drang zaghaft
durch die lichtdurchlässige Decke ihres Schlafzimmers. Solutosan erhob sich,
löschte den Kamin und wandte sich zum Bett, in dem sein Gefährte schlief.
Ulquiorras weißes Laken war bis zu seinen Lenden hinab gerutscht, so dass
Solutosan seinen starken Leib fast zur Gänze betrachten konnte. Die goldenen,
zarten Schlieren der schwarzen Haut bewegten sich sanft schimmernd auf seiner
ausgeprägten Muskulatur. Nach den Äonen ihrer Beziehung war ihm seines
Geliebten damalige Gestalt mit dem feinen, weißen Teint und dem dunklen Haar
nur noch schemenhaft in Erinnerung. Als hätte Ulquiorra seine Gedanken bemerkt,
rührte er sich, drehte sich auf den Rücken, was das Laken von seinen Hüften
rutschen ließ und den Blick auf sein starkes Geschlecht freigab. Augenblicklich
schoss Solutosan heiße Kraft in die Lenden, was den letzten Rest seiner
Schlaftrunkenheit vertrieb. Ulquiorra hatte, gleichgültig in welcher Gestalt,
auch nach dieser langen Zeit wahrlich nichts von seiner erotischen
Anziehungskraft verloren.
»Ist
irgendetwas los?« Sie hatten schon ewig nicht mehr laut miteinander gesprochen,
benutzten nur noch Telepathie oder den Fluss, der bei ihren energetischen
Verschmelzungen entstand.
»Ich
weiß nicht«,
antwortete Solutosan. »Die Buchwächter waren unruhig und haben mich geweckt.
Es ist, als wollten sie mich dazu auffordern, wieder zu reisen.«
»Reisen?« Interessiert hob
sein Gefährte seine eigene, große Hand, betrachtete die beiden Wächter, die
ruhig zu schlafen schienen, ließ danach seinen Blick in Solutosans untere
Gefilde gleiten und lächelte.
»Ja«, bestätigte
Solutosan, wandte sich zum Schrank und öffnete dessen leichte Schiebetüren. Ihm
stand der Sinn nach Frühstück – und nach einem neuen Abenteuer. Das haben die
Wächter sehr gut erkannt, dachte er, während er das nachtblaue Serica-Gewand
über den Kopf zog. Nach wie vor trug er lieber auranische, farbenfrohe Kleidung
statt der eierschalfarbenen, duonalischen Dona-Gewänder. Der Wandspiegel neben
dem Schrank zeigte ihn etwas verknittert mit wirrem, weißem Haar, das er mit
einer Haarbürste bändigte und zu einem losen Zopf flocht.
Mit
einem Satz war Ulquiorra aus dem Bett gesprungen und stand nun dicht hinter
ihm, drückte seinen Körper sanft an ihn, so dass Solutosan sein hartes
Geschlecht zu spüren bekam. »Willst du wirklich den Tag mit Dona beginnen?«
Ulquiorra schmiegte den dunklen, samtigen Glatzkopf an seine Wange. Dabei
zeigte er ein einladendes Lächeln, das Solutosan im Spiegel betrachtete.
Sein
Geliebter war umwerfend und Solutosans Herz flog ihm zu. Die Aussicht auf
Ulquiorras lustvollen Leib ließ die Hitze in seinen Lenden erneut auflodern. Er
hatte jedoch nicht vor, auf seinen Schwanz zu hören. Ihm stand der Sinn danach,
sich aus ihrer trauten Zweisamkeit zu bewegen, das gemütliche duonalische Zuhause zu verlassen und einen aufregenden
Planeten zu besuchen. Ja, das war es. Er brauchte frischen Input, wollte
Ulquiorra an die Hand nehmen und neue Reize für alle Sinne erfahren.
Er
musste seinem Gefährten nichts sagen, als er sich zu ihm umdrehte, in dessen
aufmerksame, dunkle Augen blickte und ihn zärtlich küsste. Solutosan ließ
Energie durch seinen Mund fließen und sandte die Botschaft mit. Ich bin
unruhig, mein Freund, sagte diese, meine Wächter sind zappelig. Ich
liebe dich. Meine Zuneigung ist stark wie ein großer, breiter Fluss. Aber ich
will gehen, möchte eine weitere Welt erkunden. Es drängt mich, an deiner Seite
neues Wissen zu sammeln.
Ulquiorras
Mund, männlich hart und verführerisch, ließ Solutosan lange dort verharren. Er
streichelte den Geliebten mit seiner Energie, massierte mit der Zunge seine
Lippen, drang tief ein und löste sich letztendlich nur widerwillig.
»Ich
komme gerne mit. Alles ist bestens.« Ulquiorra ergriff seine Oberarme und
drückte sie so fest, dass sich Abdrücke in Solutosans goldener Haut zeigten.
Das tat nicht weh. Im Gegenteil liebte Solutosan, wenn ihm sein Geliebter
gelegentlich seine Stärke zu spüren gab.
»Ich
werde eine Welt für uns aussuchen. Oder ich lasse die Wächter wählen.« Sein Freund
deutete auf die schlangenartigen Wesen, die sich nun auf seinem Ringfinger und
dem kleinen Finger wanden. Ihre schlanken Leiber schillerten. »Aber nach dem
Frühstück. In Ordnung?«
Solutosan
nickte erleichtert. Ulquiorra nahm ihm seine Zurückweisung nicht übel....
Aus der Kurzgeschichte "Die oberste Direktive"
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